über Schulden- und Wirtschaftswachstum

Derzeit (Jul 2011) sind die griechischen Staatsschulden ein großes Thema in den Medien. Darum meine Gedanken dazu.

Dass die Griechen ihre Schulden nie zurückzahlen können, wusste eh ein jeder. Jetzt werden Hilfspakete geschnürt, damit kein "Domino-Effekt" passiert und die Wirtschaft nicht europa- und weltweit in den Abgrund gezogen wird. Wer zahlt diese Hilfspakete? Andere Staaten. Die sitzen aber selber schon auf so viel Schulden, dass sie sie nie zurückzahlen können. Z.B. Österreich, Deutschland... Es ist nur eine Frage der Zeit, bis alle diese Länder krachen. Die jährlichen Zinsenzahlungen werden immer mehr → Link. Kein Wunder, denn die Politik ist im Würgegriff zahlloser Lobbys. So geben Politiker Geld für alles mögliche aus. Das fällt leicht, da es nicht ihr eigenes ist. Sie werden fürs Schuldenmachen nicht zur Verantwortung gezogen.

Aber das Problem hat noch eine größere Tragweite. Schulden sind nicht etwas, was den Schuldner allein betrifft. Es gibt immer auch einen Gläubiger, der das Geld gegeben hat und wieder zurückhaben will. Der Gläubiger zählt die Darlehenssumme zu seinem Vermögen. Solange, bis er merkt, dass er es nicht mehr zurückkriegt.

Fantasievermögen

Ich möchte euch von 3 Freunden X, Y und S erzählen. X hat 1 Taler, die anderen haben gerade nix. S sagt zu X: "Heast borg mir den 1 Taler, du kriegst nächste Woche 2 zurück." X borgt ihm den 1 Taler. S sagt zu Y: "Bastel mir einen Papierflieger, ich geb dir 1 Taler dafür." Gesagt getan. S nimmt den Papierflieger und schießt ihn in einen See. Nun denkt sich S: "Ich brauche wieder Geld." S geht zu Y: "Heast borg mit 1 Taler, du kriegst nächste Woche 2 zurück." Y borgt ihm 1 Taler. S geht spazieren und lässt den Taler in einen Gully fallen. Weg isser.

Was ist passiert? Ursprünglich hatte X 1 Euro, Y hatte nichts. Jetzt haben beide ein Guthaben von je 2 Euro. Das Gesamtvermögen hat zugenommen. Oder doch nicht?

1 Woche später klopfen X und Y bei S an. Der wendet sich schnell an Z: "Heast borg mir 2 Euro, du kriegst nächste Woche 4 zurück."

Ihr werdet sicher schon gemerkt haben, wer mit S gemeint ist. Aber wer ist X, Y und Z? Das sind die Anleihennehmer: Private, Fonds, Vorsorgekassen, Vermögensverwalter, Versicherungen, Banken. Wenn Private ihr Geld verlieren, stört das natürlich niemanden. Aber wenn Banken ihr Geld verlieren, dann ist das der Politik zu heiß. Man noch die Lehman-Pleite in Erinnerung, was an den Börsen eine Talfahrt ausgelöst hat. Da verschwanden Fantasievermögen, wodurch institutionelle Anleger ihre Bilanzen korrigieren mussten, was wiederum deren Kurse drückte usw.

Grundsätzlich lässt sich Vermögen in 2 Kategorien einteilen: Sachvermögen und Geldvermögen. Sachvermögen kann sein: Haus, Auto, Computer, Kleidung, Schmuck... Geldvermögen kann sein: Bargeld, das Geld am Girokonto, am Aktiendepot, am Sparbuch, der Bausparer, Anleihen und Pensions- und Abfertigungsansprüche. Sachvermögen sind reale Werte, bei Geldvermögen ist die Sache schwieriger. Man kann sie nicht essen und auch nicht anziehen. Ihr einziger Nutzen liegt darin, dass sie sich sofort (Bargeld) oder später (Pensionsansprüche) in Sachvermögen umwandeln lassen. Man kann sie als ein Anrecht auf Sachvermögen sehen.

Sachvermögen ist begrenzt

Wer kennt sie nicht, die Maus auf dem Mars?

Maus auf dem Mars

Ganz allein auf dem Mars kann sie mit ihrem Taler noch nichts anfangen, denn es gibt niemanden, dem sie etwas abkaufen kann. Sagen wir also, es sind 2 Mäuse:

2 Mäuse auf dem Mars

Es gibt auf dem Mars 2 Zuckerstangen und 2 Taler. D.h. jede Zuckerstange ist einen Taler wert. Jede Maus kann der anderen die eigene Zuckerstange um 1 Taler verkaufen. (Ich würde es allerdings nicht tun, denn dann habe ich nichts zu essen.)
Maus auf dem Mars

Wenn jede Maus 2 Taler hat, dann ist das gesamte Geldvermögen doppelt so groß, also 4 Taler, aber das gesamte Sachvermögen beträgt trotzdem nur 2 Zuckerstangen. Somit ist jede Zuckerstange 2 Taler wert. Nach üblicher Vorstellung sind die Zuckerstangen doppelt so viel wert wie im vorigen Bild. Aber genau genommen sind nicht die Zuckerstangen wertvoller, denn es gibt ja genauso viele, sondern das Geld ist weniger wert. 1 Taler ist nur 25% des Geldvermögens, gegenüber 50% im vorigen Bild.

Die obigen Bilder stehen in keinem chronologischen Zusammenhang. Gäbe es einen, dann wär das ein typischer Fall von Inflation: Die Geldmenge wird mehr, die Sachwerte aber nicht. Das Geld verliert an Wert. Genauso verlieren auch die Schulden an Wert. Darum wird Inflation von den Regierungen ausgenützt um Schulden zu senken: Der Nennwert der Anleihen bleibt gleich, aber das Geld, das die Anleihengeber am Ende zurückkriegen, ist nur noch ein Haufen Papier. Wer hingegen Sachwerte besitzt, z.B. Immobilien, dem kann eine Inflation nichts anhaben.

Phantom Wirtschaftswachstum

Wirtschaftswachstum ist die Zunahme des BIP. D.h. die Zunahme von Geldflüssen. Es gibt verschiedene Arten, das Wirtschaftswachstum anzugeben, z.B. kann man die Inflation wegrechnen. So oder so werden Sachwerte, die für den eigentlichen Wohlstand verantwortlich sind, überhaupt nicht berücksichtigt. Das Wirtschaftswachstum ist somit ein rechnerischer Fantasiewert, der nur für die Steuereinnahmen von Bedeutung ist, die der Staat aus dem BIP generiert.

Schauen wir uns zur Abwechslung mal die Realwerte an. Da gibt es einerseits die beständigen (z.B. Grund und Boden), andererseits die vergänglichen (Konsumgüter, Autos, ...). Die beständigen können nicht immer mehr werden - die Erde wird nicht größer! Es können also nur die vergänglichen mehr werden. Die haben folgenden Lebenslauf:
steinbruch Güter Mülldeponie
Raubbau an Bodenschätzen Güter Mülldeponie

Für die Gewinnung von Bodenschätze werden Berge zerfressen, Wälder abgeholzt und Ölvorkommen leergepumpt. Mit den Bodenschätzen werden Güter erzeugt, die vorübergehenden Wohlstand bringen und schließlich auf Mülldeponien landen. Die Leute vorher hatten Berge und Wälder, die Leute während der Veränderung haben tolle Gebrauchs- und Konsumgüter, die Leute danach haben eine Mülldeponie. Das Sachvermögen nimmt vom Anfangs- zum Endstadium ab - eine Deponie ist weniger wert als naturbelassene Berge und Wälder.

Eine Zunahme an Sachvermögen ist also immer nur ein vorübergendes Glück. Auf die Dauer kann das Sachvermögen global nur abnehmen. Das ist um so schlimmer, wenn die Bevölkerung wächst. Dann nimmt das Sachvermögen pro Kopf gleich doppelt ab, weil es auf mehr Menschen aufgeteilt werden muss.

Fazit: Während Fantasiewerte immer mehr werden, werden reale Werte immer weniger.

Die einzige Chance, das zu kompensieren, ist technologischer Fortschritt. Aber ob das auf die Dauer reicht?

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