städtische Schnellverbindungen

U-Bahn und S-Bahn sollten eigentlich den Sinn haben, schnelle Verbindungen in die, durch die und aus der Stadt zu ermöglichen. Leider wird dieses Ziel in der Praxis nicht erreicht. Bei der S-Bahn sind die Gründe die langsame Zugabfertigung, die dauernden Verspätungen und dass viele Züge in vielen Stationen gar nicht halten, man also den nächsten, übernächsten oder gar überübernächsten Zug abwarten muss. Die langsame Zugabfertigung kann man in der Station Handelskai beobachten: U-Bahn und S-Bahn fahren gleichzeitig ein. Nach einer halben Minute fährt die U-Bahn ab, die S-Bahn steht weiterhin. Es steigt keiner mehr aus oder ein, trotzdem steht sie und steht sie... Worauf wartet der Fahrer? Oft lassen sich die langen Wartezeiten auf die rituellen Handlungen des Schaffners zurückführen. Dieser Beruf ist heute überflüssig, U-Bahnen kommen ohne Schaffner aus. In der ÖBB ist die Gewerkschaft sehr mächtig, die Abschaffung dieses stresslosen Berufs lässt sie nicht zu. Wenn der Zug in die Station eingefahren ist, gehen die Türen auf und die Fahrgäste steigen aus und ein. Wenn sie damit fertig sind, fährt der Zug nicht etwa ab, sondern der Schaffner steigt aus, steckt seinen Schlüssel wo rein und dreht in um, dann geht er zum Zug zurück, bleibt vor der Tür stehen und winkt dem Fahrer (Hallo! Lang nicht gesehen! Wie geht's der Schwiegermutter?). Dann steigt er ein und steckt im Zug einen Schlüssel in eine Vierkantbuchse und dreht ihn abermals um. Erst dann schließen sich die Türen. Manchmal steht der Zug dann noch 1 Minute, bevor er abfährt...

So verwundert es kaum, dass die Schnellbahn in S-Bahn umbenannt wurde. Die Bezeichnung Schnellbahn war bestenfalls Selbstironie, während die Bezeichnung S-Bahn durchaus treffend ist, da sie auf die Linienführung anspielt. Allerdings würde die Bezeichnung noch wesentlich besser auf die U-Bahnen passen.

U-Bahnen haben zum Glück keinen Schaffner. Ihr großes Problem sind die verschlungenen Linienführungen.

Um von A nach B zu kommen, ist optimal die Direttissima. Nicht nur ist die Strecke die kürzeste, sondern bei gegebener Geschwindigkeit auch die Wegzeit.

Direttissima

Der Sachverhalt ist so trivial, dass er jedem 3-jährigen Kind klar ist. Leider nicht den Verkehrsplanern. Hier ein Plan einiger Wiener U-Bahn-Linien.

Streckenplan

Selbst wenn Ausgangspunkt und Fahrtziel an den Endstationen derselben U-Bahn-Linie liegen, fährt man unnötig lang, weil in Kurven. Noch schlimmer ist es, wenn man von A nach B gelangen will. Obwohl die Punkte fast nebeneinander liegen, muss man weit fahren und umsteigen.

Hier äußern sich 2 verheerende Fehlkonzepte der Verkehrsplaner:

  1. Grätzel "versorgen" zu wollen (wie mit einer Wasserleitung), statt an kurze Fahrtzeiten zu denken
  2. das Radialdesign
Die Radialstruktur einer natürlich gewachsenen Stadt ist meist durch das Stadtwachstum (ausgehend vom Zentrum) entstanden, aber extrem ineffizient. Der ganze Verkehr geht durchs Zentrum, wo die Linien und die Stationen überlastet sind. Um von einem Punkt am Stadtrand zu einem anderen Punkt am Stadtrand zu gelangen, muss man außerdem einen großen Umweg in Kauf nehmen (s.o.). Auch die Ring- und Gürtellinien sind nicht durch weise Planung entstanden - sondern durch den Wegfall der Stadtmauer (und der Glacis) bzw. des Linienwalls, wodurch Platz für Verkehrsflächen frei wurde. Ein Kreis ist keine optimale Streckenführung. Um von der einen Seite eines Kreises auf die gegenüberliegende zu gelangen, fährt man am Kreisbogen die 1,6-fache Distanz.

Radialdesign
Radialdesign mit Ring und Gürtel

Wie die Skizze deutlich zeigt, ist das Zentrum mit Linien gespickt, während die Liniendichte gegen den Stadtrand hin gegen null geht. Am Stadtrand hat man weiter zur nächsten U-Bahn-Station, und außerdem fährt man sehr lange zu einem anderen Punkt am Stadtrand (außer wenn er genau gegenüber liegt). Man muss 2x umsteigen oder übers Zentrum fahren, also mit Umweg und ebenfalls Umsteigen.

Dabei müsste man sich beim Bau von U-Bahnen, da unterirdisch, gar nicht so sehr nach bestehenden Strukturen richten. Man könnte die Stadt z.B. mit einem Schachbrettmuster von U-Bahn-Linien überziehen. Das Schachbrettdesign ist viel effizienter als das Radialdesign, der maximale Umweg macht Faktor 1,4 aus. Man kommt von überall nach überall mit max. 1x Umsteigen.

Schachbrettdesign
Linien im rechten Winkel zueinander

Das wird noch unterboten von einem Dreiecksdesign (60°-Winkel). Der maximale Umweg liegt bei Faktor <1,15. Man muss ebenfalls max. 1x umsteigen.

Dreiecksdesign
60°-Design: optimal!

Kosten

Wie viel U-Bahn-Strecke braucht man, um eine Fläche abzudecken? Wir bedienen uns eines Tricks aus der Kristallografie: Wir unterteilen die Ebene in lauter gleichartige Elementarmaschen.

Vorsorgeprinzip
Elementarmasche für Schachbrettdesign
Umlageprinzip
Elementarmasche für Dreiecksdesign

Dick gezogen ist jeweils die U-Bahn-Strecke, die zu dieser Elementarmasche gehört. (Die U-Bahn-Strecken an den Kanten rechts und oben gehören zu den dort benachbarten Elementarmaschen.) d ist der maximale Abstand zu einer U-Bahn. Man müsste die U-Bahn-Strecken genau genommen in Stationen aufteilen, aber das würde hier zu weit führen und ist vom Erschließungsfortschritt abhängig.

Gehen wir von einem bestimmten d aus. Die U-Bahn-Streckenlänge L der Elementarmasche beträgt dann beim Schachbrettdesign LS=4d, beim Dreiecksdesing LD=6*SQRT(3)*d. Die Fläche der Elementarmasche beträgt AS=4d² bzw. AD=6*SQRT(3)*d². Definieren wir eine Einheits-Flächengröße A0=d². Dann gilt A0=AS/4 bzw. A0=AD/(6*SQRT(3)). Die Streckenlänge pro Einheitsfläche ist K0S=KS*A0/AS=d bzw. K0D=KD*A0/AD=d. Es ist also K0S=K0D. Die Streckennetzlänge pro Fläche ist beim Schachbrettdesign und beim Dreiecksdesign gleich. Da beim Dreiecksdesign die Fahrtzeit i.a. geringer ist (s.o.), ist es vorzuziehen.

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